Entsteht die erhöhte Reizempfindlichkeit bei Hochsensiblen erst als Folge einer Traumatisierung?
Oder ist Hochsensibilität eine physiologische Veranlagung, mit der wir also auf die Welt kommen, aus der aber aufgrund der erhöhten Reizempfindlichkeit und Reizüberflutung ein Trauma entstehen kann?
Neulich bei einem Zusammentreffen von mehreren Hochsensiblen. Fünf Minuten nach Beginn verließ die erste Teilnehmerin das Treffen, aufgrund der hohen Strahlenbelastung im Raum ausgelöst durch Drucker und Computer. Währenddessen spielte sich vor der Tür eine Szene mit drei anderen Teilnehmern ab, von der ich aber zunächst nichts mitbekam. Das Resultat aus dieser verbalen Auseinandersetzung war, dass die nächsten zwei Teilnehmer das Zusammentreffen verließen.
In der Folge beschäftigte mich dieses Ereignis den ganzen Abend und noch die darauffolgenden Tage. Nicht so sehr deswegen, um was es bei der Auseinandersetzung genau ging oder ob Strahlensensibel gleich Hochsensibel sein bedeutet. Da ich weder einer der Kontrahenten noch ein Strahlensensibler bin, möchte ich mir darüber kein abschließendes Urteil erlauben. Und natürlich gibt es auch Auseinandersetzungen unter nicht hochsensiblen Menschen. Und bestimmt ist es auch ein naiver Glaubenssatz oder schlicht eine Fehlinterpretation, dass es unter Hochsensiblen nur harmonisch, fröhlich und herzlich zugeht.
Eine ganz andere Frage beschäftigte mich. Könnte es womöglich sein, dass die Anlage der Hochsensibilität bei manchen Menschen als ausweichende oder bequeme Erklärung für ein dahinterliegendes Trauma benützt wird?
Oder allgemeiner gefragt: welche Parallelen gibt es zwischen einer vererbten Reizempfindlichkeit und einer erlittenen Traumatisierung?
Bereits in diesem Artikel versuchte ich den Zusammenhang zwischen Hochsensitivität und Panikattacken aufzuzeigen – und wie wichtig es ist, diese auseinanderzuhalten.
Heute möchte ich noch einen Schritt weiter und auch tiefer gehen. Zumindest versuchen, diese Thematik so klar wie möglich zu beleuchten.
Weil ich es für uns als Hochsensible für elementar wichtig empfinde, genau unterscheiden zu können, welche Reaktionen und Verhaltensweisen aus einer verdrängten Traumatisierung resultieren – und welche aus einer physiologischen (natürlichen) Anlage heraus erfolgen.
Was ist überhaupt ein Trauma?
Ein Trauma ist die Reaktion deines Nervensystems auf eine lebensbedrohliche oder sehr belastende Situation. Dies können zum Beispiel frühe Gewalterfahrungen sein, körperlicher und seelischer Missbrauch, eine komplizierte Geburt oder auch Naturkatastprohen und Kriege.
Unser Gehirn schaltet auf Alarmbereitschaft um und aktiviert quasi den Überlebensmodus. Ohne diese biologische Reaktion wären wir als Spezies Mensch schon seit einigen Tausend Jahren ausgestorben. Dein Nervensystem wird mit Todesangst oder Schmerz überflutet.
In der Auseinandersetzung mit diesem enormen Stress hat das Nervensystem diverse Reflexe parat, um damit umgehen zu können:
- der Flucht oder Kampfreflex
- der Todstellreflex
- Freisetzung von Unmengen von Stresshormonen
- Phänomenen von Ausblendung von Schmerzen
In der weiteren Folge findet im Gehirn eine Kappung von Verbindungen zwischen einzelnen Gehirnarealen statt. Die normale Gedächtnisverarbeitung wird gestört. Die neuronalen Netzwerke zwischen den Gehirnzellen werden unterbrochen und somit häufig auch die Erinnerung an die auslösende Situation.
Dadurch wird die Reaktionszeit stark beschleunigt, was evolutionär unserem Überleben sehr zugute kam. Ist in einer belastenden Situation Kampf oder Flucht möglich, hilft das beim blitzschnellen Reagieren. Ist die Flucht jedoch unmöglich, brennt sich das Trauma in das Gehirn ein.
Ein traumatisierter Mensch kann auf diese Erinnerungen nur sehr beschränkt zugreifen, bedingt durch die Abspeicherung des Erlebten ins unbewusste Gedächtnis und der Unterbrechung der neuronalen Netzwerke. Irrationale Angstreaktionen im Erwachsenalter können die Folge einer frühen Traumatisierung sein. Diese können ausgelöst werden durch Gerüche, Geräusche und spezifische Situationen. Da wir im Zustand eine akuten Traumatisierung nur einen geringen Teil der uns umgebenden Informationen aufnehmen und der Rest einfach weggefiltert wird, kommt es zwangsläufig zu einer Reizüberflutung. Unser Nervensystem sucht händeringend nach einem Fluchtweg aus der Bedrohungssituation, was zu einer starken Stressausschüttung und inneren Unruhe führt.
Folgende Symptome können auf eine frühe Traumatisierung hinweisen:
- Gefühl einer Entfremdung von sich selbst
- Orientierungslosigkeit
- innere Haltlosigkeit
- Konzentrationsschwierigkeiten
- starke innere Unruhe
- Fehlende Erinnerung an die Kindheit
- Unerklärliche Zwänge und Ängste
- starker innerer Kritiker
- Medizinisch nicht erklärbare Schmerzen
- Wiederkehrende Albträume
- Undefinierbare, sich wiederholende Wutausbrüche
Hochsensibilität versus Trauma
Wie du bereits weißt, sind wir als hochsensible Individuen besonders feinfühlig und empfänglich für die Reize und Signale aus unserer Umwelt. Das gilt sowohl für äußere Reize wie Geräusche oder Gerüche, sowie für innere Reize wie Erinnerungen, Gedanken, Vorstellungen oder Emotionen. Mitunter erleben wir zeitweise durch Überstimulation ähnliche Symptome wie bei einer Angst- und Panikattacke und ziehen uns aus unserem sozialen Umfeld sehr stark zurück.
Das Problem ist, dass diese Symptome, verbunden mit der hohen Reizempfindlichkeit, auch bei traumatisierten Menschen auftreten können – und zwar als physiologische Folgeerscheinung einer lebensbedrohlich erlebten Situation.
Und dies lässt die Abgrenzung zwischen einer natürlichen Veranlagung und eines erlittenen Traumatas sehr stark verschwimmen.
Hier raus leitet sich die Frage ab:
Was war nun zuerst da: die vererbte Anlage der Hochsensibilität oder ein erlebtes Trauma?
Darüber gibt es in Fachkreisen sehr geteilte Meinungen. Es gibt einige Autoren im Internet, die der festen Überzeugung sind, dass die jahrzehntelange Forschung zum Thema Hochsensibilität einen gravierenden Geburtsfehler hat. Nämlich die Fehlinterpretation, dass Hochsensibilität eine genetische Disposition hat, dass sie also vererbt wurde und es in der Familiengeschichte mindestens eine hochsensitive Person gegeben haben muss. Pionieren der Sensibilitätsforschung, wie Elaine Aron, wird vorsätzliche oder unwillkürliche Vernachlässigung von Ergebnissen der Traumforschung unterstellt “wonach sich hohe Reizempfindlichkeit als Folge einer Traumatisierung und und eben nicht als physiologische Disposition oder gar durch Vererbung ausbildet, und zwar als regelmäßige und sehr häufige Folge”.
Auf der anderen Seite gibt es die Aussage von erfahrenen Therapeuten und Fachleuten, die es unter anderem aufgrund ihrer jahrelangen Beratung mit hochsensiblen Klienten für durchaus möglich halten, “dass ein gewisser Prozentsatz von Hochsensiblen durch eine frühe Traumatisierung hochsensibel geworden ist.”
Aber eben nur ein gewisser Prozentsatz und nicht, das dies generell auf alle Menschen mit einer sensitiven Veranlagung zutrifft. Und schon gar nicht, dass Hochsensibilität nur eine verdeckte Störung wie ADHS oder Borderline ist. Wenn wir dieser Argumentation weiter folgen würden, würde das nichts anderes bedeuten, als das eine natürliche Veranlagung für Feinfühligkeit nur noch weiter an den gesellschaftlichen Rand gedrängt wird und somit die Akzeptanz und das Verständnis dafür weiter schwinden würde.
Genau dies würde jeden Hochsensiblen weiter in die Ablehnung seiner Veranlagung treiben.
Und genau das, solltest du nicht tun!
Was heißt das nun für dich?
Aus meiner Perspektive lässt sich die Frage nach der Ursachenforschung für unsere hochsensible Veranlagung nur sehr individuell beantworten.
Und zwar, indem du sehr achtsam und ehrlich mit dir selbst umgehst.
Deine lebenslang anhaltende Sensibilität für Reize und Reizüberflutung kann zusätzlich zu der Veranlagung auch die Folge einer frühen (vorgeburtlichen) Traumatisierung sein. Dann solltest du dich dem stellen und in Erwägung ziehen, diese mit Hilfe eines erfahrenen Therapeuten und einer der zahlreichen Traumatherapien aufzuarbeiten. Es ist gar nichts schlimmes oder verwerfliches daran. Im Gegenteil: Ich glaube sogar, dass die meisten von uns in irgendeiner Form traumatisiert sind, nicht zuletzt wegen den verherrenden Kriegen im 20. Jahrhundert.
Hier findest du eine Kurzübersicht von Traumatherapieformen für Erwachsene:
- Stützende Gesprächstherapie mit verhaltenstherapeutischer oder tiefenspsychologischer Grundlage
- EMDR
- Brainspotting
- HAKOMI – Therapie
- Herz-Kohärenz-Training
- Somatic-Experience
- Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie (PITT) Luise Reddemann
Eine hohe Reizsensibilität muss aber nicht zwangsläufig aus einer Traumatisierung heraus erfolgt sein. Deine sensitive Ader kann auch schlicht und ergreifend nur eine vererbte Anlage sein, die rein gar nichts mit etwas krankhaften oder behandlungsbedürfigen zu tun hat. Dann solltest du dir gewisse Übungen und Strategien aneignen, damit du mit dieser feinfühligen Anlage in deiner Alltagswelt besser zurecht kommst und sie insbesondere immer mehr lieben und annehmen lernst.
Individuum kommt aus dem Lateinischen und heißt: “das Unteilbare; das Einzigartige”.
Denke immer daran: Du bist einzigartig – gerade als Hochsensibler.
Es gibt keinen Zweiten wie dich unter den sieben Milliarden Mitbewohnern.
Du wirst gebraucht mit deiner ganzen Persönlichkeit.
Als Mensch. Für deinen Beitrag in der Welt.
Fühl dich einfach wohl !
Nun bin ich auf deine Meinung zum Thema Sensitivität und Trauma gespannt.
Schreibe sie mir in die Kommentare.
Quellenangabe: Sylvia Harke “Hochsensibel – Was tun”
P.S. Wenn dir der Artikel gefallen hat, würde ich mich freuen, wenn du ihn bei Facebook likest oder mit deinen Freunden teilst.
Bild: unsplash.com
Anmerkung: Einige der Links sind Affiliate Links (Empfehlungsmarketing). Dies bedeutet, wenn du eines der Produkte kaufst, erhalte ich dafür eine kleine Provision ohne das sich der Preis für dich ändert. So kannst du mich und diesen Blog unterstützen. Ich empfehle grundsätzlich nur, wovon ich selbst begeistert bin, und was mich inspiriert und weitergebracht hat. Großes Ehrenwort!
Danke für diesen Wertvollen Post.
Darüber mache ich mir schon seit längerem Gedanken.
Bei mir ist es so, dass ich das Hochsensible mitgebracht habe,
denn ich weiß, dass ich mich so fühle, seit ich auf der Welt bin.
Der Unterschied in der Wahrnehmung, war mir schnell bewusst.
Das “Problem”, war bei mir, das meine Eltern traumatisiert waren.
typisches Kriegstrauma, die Folgen davon und andere sehr schwere
Schicksalschläge in der ganzen Familiengeschichte..
Blockierte Herzen, Angst, unterschwelliger Zorn, Gefühls-
ablehnung, so wie erstarrt von innen. Nicht erreichbar.
Dann kommt jemand wie ich auf die Welt – und in die Welt meiner Eltern..
: das komplette Gegenteil: neugierig , kreativ, mutig, wild und bedürftig.
Du fühlst keine Verbindung zur Mutter, zu deinem Vater auch nicht,
denn der hat längst dicht gemacht. Wenn jemand mit dir redet , wird durch dich
durch und weggeguckt. Zuviel würde es kosten, mir in Augen zu blicken,
um die Wahrheit zu sehen. Um sich selbst zu sehen. bzw. das was man in sich ablehnt.
Verdrängung und Rationalisierung als Überlebens-strategie.
Sie haben nie viel mit mir geredet, wüssten ja nicht über was,
schließlich passieren ja immer die selben Sachen. aus (Sicherheit)
Und weiter öffen tut weh. (Angst) vor Konfrontation mit den unterdrückten Gefühlen.
Niemand mit solchem Hintergrund und Defiziten, an essentieller Versorgung
an Bedürfnissen, kann dir als Eltern, das geben was du brauchst und verdienst.
Wenn sie es selbst, nie erfahren und gelernt haben, können sie es nicht weitergeben.
Denn schon bei ihren Eltern, mangelte es an Liebe, Sicherheit und Freiheit im Sein.
Sie wussten auch nicht,wie sie mit all ihrem Leid umgehen sollten.
Da waren wohl alle überfordert und auf sich alleine gestellt.
Natürlich waren sie dann auch überfordert von mir, auch wenn ich das einzige Kind war.
Natürlich spürte ich das alles.
Ich spürte auch ihre ganzen unterdrückten Emotionen, abgespaltene Anteile ihrer Seele, die im Raum, seelenlos umherschwirrten. Dieses Unvollständige.
Ich glaube ich kann die Leichen im Keller, von anderen Leuten, deshalb so gut
riechen, weil ich damit aufgewachsen bin.
Deshalb ist es in der Ubahn oft stressig für mich, da ich diese ganze miese Stimmung einfach mitbekomme und ja es ist manchmal schwer sich davon Abzugrenzen. Ich krieg alles mit.
Manche Freunde meiden mich, weil ich zu viel weiß, zuviel von dem, was sie nicht wissen wollen.
Ich kann jede Perspektive nachvollziehen, früher hätte ich die Menschen ja auch gemieden.
Ich weiss, obwohl ich sovieles nicht, in meiner Kindheit, gespiegelt bekommen habe,
an Liebe und dem was man so zum Leben braucht,
ich mich auf die Reise gemacht gemacht habe um genau das zu suchen. bzw. zu finden.
Was bedeutet das jetzt im Kontext zu HSP?
Das ich meine sensiblisierte Wahrnehmung aufjedenfall, gerade durch das Trauma verstärkt habe.
Vorallem , was Stimmungen und Atmosphären angeht, aber auch Farben, Gerüsche, Geschmäcker und ganz wichtig Musik.
Ich weiß, das die Veranlagerung zu HSP schon vorher da war – die ganzen Traumageschichten kamen dazu und haben alles nur noch mehr verstärkt.
Ich bin qausi stark hochsensibel.
Mein Motto ist: – aus Scheisse Gold machen. Raus aus der Opferrolle. Selbstverantwortung übernehmen und lernen der abtrainierten Intuition wieder zu vertrauen. <3
Mittlerweile verstehe ich auch langsam, das all das, was wir suchen, nur in uns selbst zu finden ist.
Lg Jenny
Liebe Jenny,
wow. Vielen Dank für deinen sehr authentischen und mitreisenden Kommentar. Beim Lesen habe ich regelrecht mitgefühlt. Und mich in vielen deiner Beschreibungen und Erfahrungen so gut wiedererkannt. Insbesondere was die Verletzungen und das Unverständnis im familiären Umfeld und den ersten Jahren angeht.
Ich sehe es wie du, und habe es im Artikel auch ganz deutlich betont: HSP ist eine natürliche Veranlagung und kein Resultat eines zuvor erlebten Traumatas. Das würde ja umgekehrt bedeuten, dass alle traumatisierten Menschen automatisch hochsensibel wären. Sind sie aber nicht, weil viele Traumatisierte innerlich zu machen – sprich – ihnen fehlt die Empathie und das Einfühlungsvermögen und die feine Wahrnehmung.
Ich glaube aber auch, dass sich unsere sensitive Wahrnehmung durch ein Trauma erheblich verstärkt – Stichwort Reizempfindlichkeit.
Dies befreit uns zum einen aus der pathologischen, krankhaften Ecke, in die uns immer noch einige Therapeuten,”Experten” und Nicht-Sensible stecken wollen, zusammen mit Borderliner etc. Andererseits bürdet es uns eine gewisse Verantwortung auf, uns unseren alten Verletzungen zu stellen – soweit sie uns dauerhaft belasten – um zu einer integrierten und ganzheitlichen Persönlichkeit zu werden.
Aber nach deinem Text und diesem selbstbewussten und verantwortlichen Worten, mache ich mir da bei dir keine Gedanken 😉
“Raus aus der Opferrolle, Selbstverantwortung übernehmen und der ureigenen Intuition wieder mehr vertrauen” – dies kann ich nur dick unterstreichen.
Weiterhin Alles Gute und das du dir und deiner Veranlagung stets treu bleibst!
Herzliche Grüße
Oliver
Whow, ich weiß gerade nicht, was ich sagen soll. Glaube gerade, mich noch nie derart verstanden gefühlt zu haben. Auch wenn ich noch keinen klaren Gedanken dazu habe, welche Schlüsse ich daraus für mich ziehen soll, tut es doch irgendwo gut. Danke für die Beiträge und Kommentare.
LG, Manuel
Hi Manuel,
das freut mich sehr! Genau dies ist mein Anliegen: Bei jedem Hochsensiblen für mehr Verständnis und Selbstannahme zu werben.
Versuche so weiterzumachen 🙂
Danke für deinen Kommentar und eine wundberbare Woche für dich!
LG
Oliver
Liebe Jenny,
danke für Deine Offenheit.
ein paar Fragen an Dich:
Sind wir nicht alle traumatisiert vor, während oder/und nach der Geburt?
Weißt Du genau wann und wie Deine Hochsensibelität enstanden ist?
Und ist es überhaupt wichtig?
Ist es vielleicht eine Angst Deiner UrUrgroßmutter mit der Du auf die Welt kamst? Dein Entwicklungstrauma dazu…
Angeboren oder erworben?
Hast Du Dich schon damit beschäftigt, was Du Wertvolles von Deinen Eltern/Ahnen mitbekommen hast? Nichts?
Bist Du dankbar dafür, dass Du in einer Zeit lebst, in der es ein riesiges Therapie und Coachingangebot gibt?
Bist Du für das heutige Therapieanbot dankbar , weil Du mit so viel Hilfe nicht mehr einfrieren mußt, um zu überleben?
liebe Grüße
Also ich bin wirklich erstaunt, wie sehr sich das Geschriebene mit meinen Empfindungen deckt. Bin fast glücklich darüber endlich einen “Draht” zu meinem Wesen gefunden zu haben. Danke
Es gibt Dinge in meinem Leben, die ich nie einordnen konnte, doch als ungewolltes Kind ergibt sich natürlich die Frage, was war zuerst? Ich habe mich immer anders gefühlt, immer gespürt, was andere nicht mal im Ansatz fühlten. Es gibt viele Schattenseiten, doch auch Gutes – man kann sich besonders gut in andere Menschen hineinversetzen – !!!!
Pingback: Ängste und Neuanfänge: Wie ich neuen Lebensmut und meine Mission fand - Adios Angst - Bonjour Leben
Ich habe lange gesucht und bin fündig geworden. HSP lässt sich nur schwer heilen, aber es ist möglich. Allerdings muss man im Gegenzug seine Vergangenheit aufgeben und neu anfangen. Auslöser waren meine Eltern beide Narzissten mit wenig Selbstwert und meine damalige Kindheitsfreundin. Wenn man aus diesen Mustern ausbrechen kann, kann man andere Menschen auch besser einschätzen und sich besser abgrenzen. Die Wahrnehmung ist komplett verändert/ lebendiger. Man sieht Stärken und Schwächen bei anderen und kann den Mittelweg halten/ Freunde anders wahrnehmen. Der Auslöser ist immer ein Trauma und das Umfeld. Genetische Veranlagung ist Quatsch. Meine Geburt war schwer/ ich wurde falsch gespiegelt als Kind. Und ich war sehr schreckhaft und hochsensibel. Da ich aber ein schwieriges und aber auch gutes Umfeld nie gemieden habe, ist die Wahrnehmung Gott sei Dank normalisiert. Man kann das Trauma mit viel Arbeit überwinden. Man braucht nur einen sehr starken Willen und Klarsicht. Vorher wurde ich durch Reize aller Art überstimuliert. Musik, Filme. Jetzt nehme ich alles anders war und kann mich fokussieren aufs wesentliche. Die Neuronale Umstellung kann man sich tatsächlich anerziehen. Ich wollte die HSP nicht weil ich schwer drunter gelitten habe, ich würde oft ausgenutzt und fallen gelassen. Aus Erfahrung oder ein weiteres Trauma kann man also tatsächlich ausbrechen :).
Meine Erfahrungen decken sich mit denen Christophs: Sensibilität als Reaktion auf ein Trauma. Mit Überwindung des Traumas bleibt die Sensibilität ein Stück weit (oder in veränderter Form?) erhalten, ist nun jedoch kein vorwiegend destruktiver, sondern ein meist konstruktiver Aspekt im Leben. Wie eine Narbe, die zuverlässig das Wetter vorhersagt.
Allerdings bedeutet meine persönliche Erfahrung keineswegs, dass alle (hoch)sensiblen Menschen ein Trauma erlitten haben müssen. Ein solcher Rückschluss ist logisch nicht nachvollziehbar. Es gibt viele Ausprägungen von Hochsensibilität, warum sollte es da zwingend nur eine Ursache geben?
Da (hoch)sensible Menschen anfälliger sind für Traumata, dürfte eine strenge Trennung nach Ursachen in der tatsächlichen gelebten Praxis sowieso eine viel geringer Rolle spielen, als vielleicht gedacht.
Einerseits ist diese Diskussion also eher akademischer Natur. Andererseits (Christoph deutet es an) ist es für einen Menschen, der unter seiner Sensibilität leidet, eventuell eine Erleichterung, diesen Aspekt seiner Persönlichkeit eben NICHT als naturgegeben hinnehmen zu müssen. Und umgekehrt natürlich auch: Andere Menschen sind womöglich erleichtert, wenn sie eben nicht andauernd mit ihrer ‘Überempfindlichleit’ hadern müssen, sondern ihre persönlichen Eigenarten akzeptieren können, weil sie halt Teil der eigenen Persönlichkeit sind.
Jenseits von Wissenschaft und Expertentum (die ich damit keinesfalls diskreditieren möchte) plädiere ich daher für einen ganz pragmatischen Ansatz: Jeder glaubt für sich selbst an das, womit er sich besser fühlt und womit er besser zurecht kommt. Am Ende kommt es im Leben genau darauf ja auch an – und nicht aufs Rechthaben.
Ich bin selber traumatiesiert,hatte eine sehr schwere Kindheit,bin missbraucht,vernachlässigt,immer wieder körperlicher gewalt ausgesetzt gewesen,aber trotzdem denke ich das ich ein hochsensibler mensch bin,denn als Kind haben mir schon alle immer gesagt das ich sehr sensibel bin.
Hi,
erstmal danke für den Artikel.
Ich kann mich in etwa Jennys Post anschließen, bei mir war es allerdings nur mein Vater. Dieser war von seinem Vater schon zuvor traumatisiert. Mein Opa hat den zweiten Weltkrieg miterlebt und überlebt, auch vermutlich schwer traumatisiert. Krieg ist vermutlich eines der heftigsten und schwierigsten Traumata, weil so viele Leute davon betroffen sind und es in dem Zeitabschnitt quasi schon “normal” ist. Sich da als Individuum wahrzunehmen mit seinem Trauma stelle ich mir schwer vor. Zumal mein Opa in einer Generation aufgewachsen ist, in der das Verständnis von Männlichkeit noch sehr klar definiert war, weshalb man also als Mann eben so und so zu sein hatte und keine Schwäche zeigen durfte.
Mein Vater jedenfalls hat mich missbraucht, physisch und auch psychisch.
Durch unangemessenes Anfassen, anzügliche Worte, zweifelhafte sexuelle Komplimente, durch Drohen, brüllen, einschüchtern, Angst machen, lügen, manipulieren.
Ob ich nun immer schon hochsensibel war, das kann ich gar nicht mehr sagen. Ich erinnere mich, dass ich immer neugierig war, immer ein kleiner Träumer, schon im Kindergarten soll ich, trotz meines sehr impulsiven und überschäumendem Charakter oft einfach innegehalten und verträumt irgendwohin geschaut haben. Ich kann mich erinnern, dass ich mir Fragen über alle möglichen Dinge gestellt habe, das Universum und alles was uns umgibt oder manchmal auch nur Kleinigkeiten. Für mich war und ist das normal. Ich weiß nicht, ob das als hochsensibel gilt, oder ob nicht fast alle Kinder so sind. Was ich sagen kann ist, dass Musik für mich immer wichtig war und mich tief berühren konnte, Literatur habe ich schätzen gelernt, Kunst war immer eine Leidenschaft von mir. Wie Jenny war ich kreativ, offen, wissbegierig.
Und doch fallen mir so viele Dinge schwer. Ein aktuelles Thema ist das Thema Beziehung.
Ich schreibe es meinem Trauma zu, dass ich erst mit 24 meinen ersten Freund hatte, obwohl ich vorher schon oft verknallt oder verliebt war oder sich Typen in mich verknallt hatten. Irgendwie hatte ich nie den Zugang zum anderen Geschlecht, bzw, es fiel mir schwer ihn zu finden. Heute bin ich in einer Beziehung, aber oft unsicher. Und ich weiß oft nicht, woran liegt es jetzt, dass ich so bin? War es das Trauma, ist es die Hochsensibilität, vielleicht auch einfach Charakter?
Ich fühle mich in der Beziehung mit meinem Freund sicher, sicherer, als bei anderen Männern vorher. Und doch frage ich mich, ob das eigentlich ein gutes Zeichen ist. Ja, ich fühle mich sicher, das weiß ich, aber leider nicht besonders leidenschaftlich in der Beziehung mit ihm. Ich kann mich in ihn oft hineinversetzen, aber fühle mich oft als wäre ich seine Mutti. Ist das vielleicht so etwas, das mit Hochsensibilität zu tun hat? Der Drang zu helfen, zu verstehen, sich zu kümmern und zu sorgen?
Wie hast du das in Beziehungen erlebt?
Und ist es denn normal für einen hochsensiblen Menschen, dass man sich nicht so leidenschaftlich in einer Partnerschaft fühlt?
Mein Problem ist auch, dass ich immer wieder Chancen gebe, wo mir bereits ein paar Freunde gesagt haben, sie hätten mit ihm Schluss gemacht. Solche Sachen wie, dass er meinen Geburtstag vergessen hat, obwohl wir ein paar Stunden vorher sogar noch telefoniert und darüber geredet haben. Oder so Kommentare über andere Frauen à la “wenn wir nicht zusammen wären, würde ich die…”. Ich bin oft ziemlich eifersüchtig, was mir meist mehr weh tut, als dass es mir gut tut. Manchmal weiß ich dann nicht, ist denn das nur mein Charakter, ist es einfach, dass ich so bin, ist es Trauma oder Hochsensibilität? Und was noch entscheidender ist, wie verhalte ich mich? :/
Denn wenn ich nicht so genau weiß, wo es herkommt, wie weiß ich dann, was für eine Strategie mir hilft?
Wann weiß ich, dass ich überreagiere und wann meine Gefühle in Relation zu dem Geschehenen stehen?
Liebe macht mir Angst.
Sie ist oft wie ein Irrgarten für mich, ein Irrgarten der Gefühle und früher oder später wird sie für mich zur Belastung, werden meine Emotionen zur Belastung. Ich hab immer früher oder später Angst etwas falsch zu machen. Egal, wie tief die Bindung sich vorher anfühlt, irgendwann fühle ich mich zurück gewiesen und panisch. Habe Angst, dass der andere mich nicht mehr mag. Dass ich, wenn ich es anspreche, es noch schlimmer mache. Das war in der Vergangenheit sogar auch schon der Fall. Ich fühle mich dann wie gefangen, als ob ich eigentlich nur alles schlimmer mache und auch nur noch schlimmer machen KANN. Ich weiß dann kaum wie ich mich beruhigen soll. So war es immer, nur bei meinem Freund nicht. Er ist mein bester Freund. Nur fehlt mir da wie gesagt die Leidenschaft. Er ist gut zu mir, er ist großzügig, er versucht mich zu verstehen. Nur fehlt mir ganz oft etwas. Und ich weiß nicht weiter.
Müsste ich als Hochsensible die Beziehung nicht intensiv erleben?
Es ist jetzt nicht so, dass ich die Zeit mit ihm nicht genießen würde.
Nur fühle ich nicht diese tiefe Bindung, dieses tiefe Verständnis und dass er auf mich so eingeht.
Wie war denn das bei dir?
Kommen dir solche Gedanken und Gefühle auch bekannt vor und wenn ja, wie bist du damit umgegangen?
Hast du auch immer das Gefühl gehabt alles kaputt zu machen?
Ich weiß, langer Text, aber mir geht gerade so viel im Kopf herum und ich musste mal mit jemandem darüber reden, der es vielleicht versteht.
Liebe Grüße
Isabelle
Toller Artikel
Ich finde die Diskussionen immer wieder sehr spannend:
Was war zuerst – das Huhn oder das Ei 😀
Ich glaube es ist meistens eine Kombination von beidem:
Es braucht eine genetische Disposition und die entsprechenden Umweltreize für eine bestimmte Entwicklung und Ausprägung.
Die wichtigste Frage bleibt für mich, ob jemand darunter leidet ZU sensibel zu sein. Dann ist eine Therapie ratsam, um besser zu lernen damit umzugehen.
Egal woher die Reizempfindlichkeit kommt.
Wozu gibt es denn gut ausgebildete Fachpersonen, die einem auf diesem Weg unterstützen können 😉
Danke Mara Bella. Die Frage nach dem “Huhn” und “Ei”, was war zuerst da, treibt mich übrigens bis heute um. Mittlerweile sehe ich es wie du: Es gibt eine genetische Disposition, aber ganz sicher entsteht die größte Entwicklung/ Prägung (oder eben auch Trauma) durch frühkindliche Bindungserfahrungen und Vernachlässigungen bis Missbräuchen in diesem Bereich.
Doch es muss kein dauerhaftes Schicksal bleiben. Passend dazu meine derzeitige Lebensweisheit von C.G. Jung: “Ich bin nicht, was mir passiert ist. Ich bin, was ich wählen werde.”
Beste Grüße, Oliver
Hey,
nach meinem Empfinden kann man Hochsensibilität und Trauma (PTBS) klar trennen.
Wie gesagt, Huhn & Ei, das ist für mich eigentlich keine Frage.
Ich bin hochsensibel. Und ich leide an PTBS.
Hochsensibilität ist ein Charakterzug, keine Krankheit, PTBS ist eine Krankheit, eine behandlungsbedürftige, durch Trauma erworbene.
Ich glaube nicht, dass meine HSP durch Trauma erworben wurde (ich würd jetzt nicht mein Leben darauf verwetten, aber ich sag das jetzt mal so wie ich es empfinde/denke).
Die Sensibilität bei PTBS ist eine ganz andere (da ich beides habe kann ich das ganz klar sagen).
Beides kann/wird sich aber bedingen und gegenseitige Auswirkungen haben.
Ich meine, ich heule praktisch immer, entweder weil ich so mitfühle, oder weil mich etwas triggert – sieht gleich aus, ist es aber nicht.
Als HSP mit PTBS passe ich nirgends rein, bei den HSPlern versteht man mich nicht wirklich, weil die nichts von der PTBS verstehen, aber auch die PTBSler verstehen vieles nicht, weil sie eben nicht HSP sind.
Das ist doch was ganz unterschiedliches, das erlebe ich immer wieder. Manchmal treibt mich das zur Verzweiflung und lässt mich einsam fühlen. Jedes für sich ist schon schwer, wird von Aussenstehenden nicht verstanden – aber beides zu haben ist echt die Pest.
Da schreib ich mit HSPlern und die sagen mir, dass sie es als “Geschenk” sehen, ja schön, aber mit meiner Traumaerfahrung klingt das wie Hohn, für mich ist das sehr schlimm, alles mitempfinden zu können/müssen, nicht nur mein eigenes Zeugs, sondern auch noch das von anderen um mich herum.
Manchmal macht mich das wütend, manchmal auch “nur” verzweifelt… und wegen der PTBS ist es manchmal auch schwer es überhaupt zuzuordnen (Trauer und Wut liegen da sehr dicht übereinander bei meinen Traumata).
Ich habe eine Schwerbehinderung wegen meiner PTBS, HSP ist ja wie gesagt keine Krankheit, es ist auch keine direkte Auswirkung des Traumas. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mit der HSP auf die Welt gekommen bin, die PTBS habe ich aber im Laufe meines Lebens in diversen Traumata erworben.
Ich find es blöd so sensibel zu sein, ich habe selbst in meine Familie nie reingepasst, die haben ja die selben, oder ähnliche, Traumata gehabt, ist ja die selbe Familie, von denen ist aber keiner Hochsensibel – das zeigt mir auch sehr deutlich den Unterschied.
Ich merke grade, wie ich Frustration empfinde, nirgendwo richtig reinzupassen. Das macht mich traurig. Ich würde mir wünschen unsensibler zu sein, das stelle ich mir einfacher vor, mir nicht immer über alles so viele Gedanken zu machen.
Ich habe das Gefühl, daß HSP und PTBS eine ziemlich böse Mischung sein kann, so hat man einige Symptome die eindeutig zum einen und andere Symptome die eindeutig zum anderen Spektrum gehören. Sollte aber eben bei einer Person Beides vorhanden sein, was nicht unbedingt im Zusammenhang stehen muß, dann gelingt es sehr schwer damit umzugehen. Einerseits braucht man die Tools eines HSP weil es eben wirklich so ist, andererseits muß man jetzt noch das Trauma zusätzlich berücksichtigen, wenn man Beides hat dann kennt sich wirklich keiner richtig aus. Entweder das Eine wird gesehen und vordringlich behandelt oder das Andere. Wenn man dann z.B. ausschließlich am Trauma arbeitet, kommt die Person irgendwann ins Staunen, weil sich die Symptome die man doch eindeutig dem Trauma zugewiesen hat nicht ändern … das ist alles kompliziert. Beispielsweise kann man den Rückzug aus dem Trauma heraus antreten, weil man verdrängen oder flüchten will, wenn man aber HSP ist dann “braucht” man den Rückzug und dann ist er gut und richtig, weil einen das regeneriert. Wie soll da jemand durchkommen mit dem Verstehen, wenn er sich auf ein Gebiet spezialisiert hat. Das hilft alles nicht weiter. Es läßt sich wie hier beschrieben eben nicht so scharf abgrenzen wie gewünscht und das führt dann aber dazu daß man dem hochsensiblen Tipps gibt, die für ein Trauma vielleicht gut und richtig wären, die aber beim Hochsensiblen schädlich sind, naja wie auch immer, ich weiß sowieso nicht, ob mein Geschreibe hier überhaupt jemand versteht. Vielleicht wäre für Euch noch interessant, wie ich überhaupt hier zu diesem Artikel gekommen bin, ich habe in eine Suchmaschine eingegeben: “Wie ist es möglich, daß Außenstehende das Leben einer Person mit HSP und PTBS verstehen? … mein Ziel war es, Ansatzpunkte für meinen Partner zu finden, um ihm besser verständlich zu machen, wie es in mir aussieht, warum ich nicht immer kann was ich vielleicht gestern konnte, warum ich mich so stark mit den äußerden Reizen herumschlage und warum es mir nicht hilft mir zu sagen, daß ich doch eigentlich mehr können müßte und mehr erreichen sollte. wenn mich diese Frage dann hier zu diesem doch eher weiter beunruhigenden und Verwirrung verstärkenden Artikel führen, dann wißt Ihr, warum ich nicht weitersuchen werde.
Hallo Aurelia,
danke für deinen Kommentar. Der Artikel hier ist schon älter, gehört zu meinen ersten.
Mittlerweile habe ich meine Erfahrungen (und die der Forschung) zum Thema HS und Trauma in einem aktuelleren Artikel zusammengefasst:
https://simplyfeelit.de/hochsensibilitaet-und-trauma/
Vielleicht hilft der für weniger Verwirrung und mehr Klarheit.